Fasten zur Entschleunigung

Fasten ist Entschleunigung

„Wer vertraut, wird nichts beschleunigen wollen.“ (Jesaja 28, 16)

In einem Gespräch mit Karlheinz A. Geißler, Professor für Wirtschaftspädagogik und Zeitforscher, sagte der umtriebige ehemalige SPD-Politiker und Wirtschaftsprofessor Peter Glotz im August 2005: „Ich habe einen ganz eigenen Rhythmus. Ich habe beschlossen, mit 70 Jahren die Füße hochzulegen. Mal sehen, was dann passiert. Bislang will ich das noch nicht.“ Peter Glotz verstarb wenige Tage nach diesem Interview im Alter von 66 Jahren. Seine Aussage zeigt, dass es nicht möglich ist, den eigenen Lebensablauf zu terminieren. (Geo Wissen Nr. 36, 2005)

Komplexität, Effektivität, Hast, Hektik, schneller, weiter, höher, mehr – Beschleunigung ist zur Eigendynamik in den westlichen Gesellschaften geworden. Selbst das Wachstum unserer Zuchttiere wird ständig beschleunigt. „Kein Schwein kann mehr in Ruhe groß werden“ hat heute eine doppelte Bedeutung. Die „Handygesellschaft“ erfordert ständige Präsenz und sofortige Entscheidungen. Ein Rückzug, selbst in den privaten Bereich, ist kaum noch möglich. Doch Beschleunigung kann auch zur Destruktivkraft werden. Wer zu schnell wird, macht auch viele Fehler, verliert die Beherrschung. Viele Menschen verspüren den Drang, wieder Luft aus dem Getriebe zu nehmen. Aber wie? Einmal in den Fängen der Dynamik des beruflichen und privaten Alltags verstrickt, gibt es kaum einen Ausweg, denn Statusgewinn hat mit Beschleunigung zu tun. Wer die Karriereleiter hinauf will, muss sich beschleunigen lassen und hat gar keine Alternative, es langsamer angehen zu lassen. Sie oder er verliert dabei die Freiheit, die eigene Zeit zu leben und einteilen zu können. Auch Kinder sind ein Beschleunigungshemmnis. Sie erfordern „Zeit“ und lassen sich nicht beliebig beschleunigen (Geißler). Wer vertraut, lässt die Dinge wie Sie sind. Wer Angst hat, beschleunigt.
Ruhe findet nur, der sich seiner inneren Wirklichkeit stellt und Sie bejaht, wie Sie ist. Derjenige gewinnt am meisten Zeit, der in jedem Augenblick präsent ist, d.h., egal was man tut oder wenn gerade nichts tut, ist man ganz in dem Augenblick, es gibt keine Arbeitszeit und Freizeit, jede Zeit ist freie Zeit, Zeit zu leben (Grün, 2002, 39)

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